Das NRW-Kunstprojekt „Bitte berühren!“ startet am 15. Mai in Monheim.
Was steht da für ein knallroter Container vor dem Rathaus? Das ist das Atelier von Manfred Webel. Er ist Bildhauer und Pionier partizipativer Kunst. Im Container erfindet er Skulpturen, formt sie aus Ton, schnitzt sie aus Holz, schweißt sie aus Metall.
Warum macht er das?
„Formen sind meine Sprache. Mit ihnen teile ich mich mit.“ Seine Formen sind freundlich, fröhlich und meist rot. Sie fühlen sich gut an. Das müssen sie, das ist Manfred Webels künstlerisches Konzept: „Bitte berühren Sie meine Skulpturen! Nehmen Sie sie in die Hand, drehen sie sie, bewegen sie sie. Skulpturen wollen was erleben. Mit Ihnen!“
12 Städte, quer durch NRW
Insgesamt besucht er 12 Städte in NRW. Doch für Monheim hat er etwas Einmaliges geschaffen: Eine Skulptur, die alle Monheimer*innen durch die Stadt bewegen dürfen. Sie ist groß wie ein Bulli. Auf ihr kann man sitzen, mit ihr herumtollen, mit ihr Räume beleben. Manfred Webel möchte mit ihr die ganze Stadt erkunden. „Stellen Sie sich vor, Sie rollen die Skulptur durch Ihren Stadtteil. Wo sind Ihre Lieblingsecken? Welche geheimen Orte, welche öffentlichen Plätze könnten so einen Farbfleck gebrauchen?“
Der Kunst-Corona-Plan
In Corona-Zeiten müssen wir besonders aufeinander aufpassen. Heute wissen wir noch nicht, ob wir die Skulptur gemeinsam durch die Stadt rollen werden. Damit trotzdem viele Menschen bei diesem Kunstprojekt mitmachen können, haben Kunstschule und Künstler zwei Angebote entwickelt: Monheimer können Bilder mit der Skulptur erschaffen. Dazu wird ein Gestaltungsbogen u.a. an Schulklassen, Jugendgruppen und Altenheime verschickt (siehe oben).
Publikumsvideo für die Bürger Monheims
Aus dem Tagebuch einer Kunstfreundin
Meine Tage in Monheim: Partizipative Kunst live erlebt
Monheim Tag 1:
Mobiler Container am Rathaus, meine erste Berührung
Angekommen, der Mobile Container bildet eine einladende Kulisse am Rathaus, davor steht ein kleines Modell der Skulptur auf einem Teppich. Mit ca. 85 cm Höhe ziert es den Vorplatz vor dem geöffneten Container, einige Passanten sitzen direkt gegenüber auf festinstallierten, öffentlichen Bänken. Also ein idealer Platz, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen.
Innen sitzt Manfred mit Katharina Braun, der Leiterin der Kunstschule Monheim zusammen. Sie hat das Projekt nach Monheim geholt. Gemeinsam beratschlagen die beiden gerade die Wochenplanung, wann was wo in Monheims unterschiedlichen Vierteln passieren kann.
Das aktuelle Wetter zwingt uns immer wieder zur Rettung der kleinen Schwester von Monami (oder des kleinen Bruders??), denn der Begegnungsteppich ist nicht regentauglich. So bleiben wir in Bewegung, was bei der kühlen Temperatur sehr angenehm ist.
Ich werde von Manfred mit meiner Crewkleidung – natürlich mit Branding – ausgestattet. Schnell Hoody anziehen und dann „taste“ ich mich mal nach Draußen (Gefühlsmix aus Aufregung und Freude), die Tuchfühlung in meiner neuen Promotionrolle beginnt.
Mit meiner Crew-Kleidung bin ich sofort Teil des Teams, der Hoody wird mein Begleiter für die ganze Zeit und hilft. Ich muss mich nicht vorstellen, da der „Wurm“, so wird die Figur vorne auf dem Hoody gern genannt, ist bekannt. Denn die Kampagnen-Flyer waren schon vor Wochen in Schulen, Kindergärten und anderen Einrichtungen verteilt und die Mitmachaktion z. B. im Kunstunterricht dankbar aufgenommen und bearbeitet worden. Erste Werke gab es schon im Container zu sehen, der gleichzeitig als Ausstellungsraum fungierte, und damit ein Grund mehr für die Menschen, mal gucken zu kommen.
So war der Mobile Container die permanent sichtbare Anlaufstelle für die Bürger und Bürgerinnen und Ausstellung von den Ergebnissen der partizipativen Beiträge von ganz Monheim und Umgebung.
Besuch von Freundeskreismitglied und Unterstützer Uwe Friebe und Mentee Thomas Kuhn
2. Tag Monheim, Das Basislager am Rathaus
Merchandising und Werben für die Aktion, mit Flyer unterm Arm auf Menschen zuzugehen: Ich fühle mich in meinem Element wie auf einer Messe – in Gesichtern lesen und erkennen, ob Interesse oder Ablehnung vorherrschen, Interesse einschätzen und das Gespräch zu beginnen. Offen auf Menschen zuzugehen ist mir nicht fremd, aber in C-Zeiten??? Wie ungewohnt ist das nach Monaten von reduzierten Kontakten! Es ist wie ein Geschenk mit Menschen in den persönlichen Austausch gehen zu können. Ich komme abends begeistert nach Hause.
Tag 3 in Monheim, Erste Gehversuche
Erste Gehversuche mit der Figur auf der Brandenburger Allee: Berühren, Bewegen, Befreien! Wie verhält sich die Skulptur? Wann steht sie eigenständig sicher und wo heißt es „Obacht!“.
Wer sind wir? Manfred und sein jüngster Sohn Joran, Jule, die freie Mitarbeiterin im soziokulturellen Zentrum Sojus 7, einem alternativen Veranstaltungsort in Monheim am Ernst-Reuter-Platz. Sie studiert Kommunikationsdesign in Düsseldorf und freut sich auf unsere gemeinsame Aktion. (Verlinkung https://www.facebook.com/sojus7) und ich.
Das Team von Sojus 7 unterstützt während der gesamten Aktion tatkräftig unsere Runden durch Monheim. Organisiert hat das Katharina Braun, die Leiterin der Kunstschule, denn sie weiß, wie Netzwerken geht.
Kinder sind die ersten, die uns entdecken, ansprechen und mitmachen wollen. Die Neugier, was es ist und wie es ist, auf ihr zu klettern…. Ok, Corona konform mit Handschuhen und wir Erwachsenen mit Maske. Und schon nehmen die Kinder die Skulptur in Beschlag, klettern rauf, der kleine Jung boxt sich warm mit ihr, er ist in einem Boxclub sagt er stolz, die Mädchen schmiegen sich eher an die runden Formen an. Gemeinsam achten wir darauf, dass alle beim Bewegen Spaß haben und die 130 Kilo-schwere Figur nicht über unsere Füße rollt. Manfred erläutert seine Idee, fragt die Kinder, was sie in der Skulptur sehen, welche Figur sie entdecken und leitet die Gruppe bei den ersten Bewegungen an. Die Kinder sehen eine Hand, Arme, Wurst, Pommes, ein Herz oder ein Kreuz.
Vorbeischlendernde Männer schauen interessiert, ältere Frauen eilen mit ihrem Einkauf an uns vorbei.
Ein Mann fragt,
ob er uns helfen könne, denn er beobachte uns schon eine Weile und es sähe so aus, als ob es uns nicht leichtfalle, uns mit dem großen „Monster“ zu bewegen. Wo wir denn hin wollten?? Ach so, eine Kunstaktion, aha! Manfred kommt ins Gespräch, der Vater von 2 Kindern hat sich bewusst für Monheim als Wohnort entschieden, weil hier viel für Kinder gemacht wird, er freue sich, dass es hier so viele Spielplätze, günstige Kitaplätze und weitere Angebote gäbe.
Während Manfred mit den Kids und dem Vater die Skulptur bewegen, gehen Joran, Jule und ich vor, um die Route auszukundschaften. Die Frage ist, ob unsere Kleine am Ende bei der VHS durch den Torbogen kommt, ohne anzustoßen und Schaden zu nehmen. Auf dem Weg dahin gibt es schon andere Hürden, die wir am ersten Tag nicht nehmen wollen, schließlich soll die Skulptur ja am Mittwoch erst noch in schönster Schönheit der Presse vorgestellt werden. Ein schmaler Weg endet mit Pflöcken gegen Autoverkehr und - noch schwieriger - einem Schlagloch. Das zwingt uns zur Aufgabe unserer Idee.
Mein Tag 4 in Monheim Pressetermin (Tag 5 der Aktionswoche „Bitte berühren!“)
Anspannung, denn heute ist um 11.00 Uhr die Pressekonferenz auf dem Ernst Reuter Platz, ein Multikulti-Platz, der in Coronazeiten etwas leer wirkt, rundum liegen türkische Gemüseläden, eine Kneipe, ein Döner, eine Polizeistation. Leider ist vieles geschlossen. Und auch das Sojus 7, eine alternative Veranstaltungslocation ist zu. Von dieser kommt heute unser junger Supporter Jannick.
Der Wettergott oder die Göttin meinte es wirklich gut mit uns – die dunklen Wolken reißen auf und es bleibt trocken. Für Film- und Videoaufnahmen wunderbar, so nun kann es losgehen und Manfred ist in seinem Element. Er freut sich, dass auch Jutta Pitzen, Leiterin der Städtischen Galerie im Park aus Viersen (https://www.facebook.com/Viersen.de/ ) gekommen ist. Auch sie ist gespannt was hier passiert, besonders auch in Coronazeiten.
Man spürt ein bisschen Unsicherheit. Wir haben unsere Masken an und verteilen die Handschuhe an alle Kinder, die natürlich sofort mitmachen wollen. Unsere kleinen Freunde von gestern sind auch schon wieder da.
Und der WDR hat mit Manfred für nachmittags einen Termin vereinbart. Dafür haben Manfred und Katharina Braun sich etwas Besonderes ausgedacht: Kinder im St. Gereon Kindergarten in Aktion mit dem kleinen Modell. Bitte berühren kann man nicht besser zeigen. Ebenso wie diese Kleinen unvoreingenommen das Kunstwerk erobern, erleben wir es mit der großen Skulptur im Freien.
Noch eine Freundeskreismitglied und treuer Sponsor hat sich von Paderborn auf den Weg gemacht: Landschaftsarchitekt Martin Gasse.
Mein Tag 5 Monheim, Wasserspielplatz am Rheinbogen, die Skulptur will ans Wasser – oder vielleicht auch r(h)ein? (Tag 7 der Aktionswoche „Bitte berühren!“)
Die Skulptur lebt heute ihre Mobilität aus: als erstes steht eine Begegnung mit dem autonomen Bus von Monheim an, die beiden können sich eine gemeinsame Aktion auf der gesamten Route vorstellen, aber es ist leider keine Zeit zum Tratschen. Die A1 will pünktlich losfahren
Dann gehen wir mit Monami und dem kleinen Schwesterchen auf die große Wiese neben dem Wasserspielplatz. Hier gibt es schon Kinder und Eltern, deren Neugierde uns schnell in Gespräche und Aktion bringt.
Eine Mutter erreicht uns mit ihren zwei Söhnen von denen der jüngste noch nicht richtig ausgeschlafen ist und eher nur betrachten will, während der ältere, schnell Monami für sich erobert und auf ihr herumturnt. Er selbst ist sehr kunstinteressiert und hatte schon auf dem Spazierweg hierher ein leicht zerfasertes Pappelblatt für seine Kunstsammlung aufgelesen. Es freut mich zu sehen, dass auch er diese bewegte Skulptur intuitiv für sich erschließt.
Nun zieht es uns auf den Rheindeich, mit Anhänger und Zugfahrzeug sind wir nicht zu übersehen. Ralf, in Fahrradfahrer aus Langenfeld ist auf seiner täglichen Tour über den Deich unterwegs. Interessiert hält er an und sagt, er habe in Monami schon von Weitem eine Hand wie man sie aus Comics kennt gesehen.
Andere Fahrradfahrer und Fußgänger machen begeistert Fotos von dem roten „Monster“. Denn sie wissen, dass dies ein echt seltenes Motiv ist und die Kulisse könnte auch nicht besser sein: Vater Rhein und seine Schiffe im Hintergrund, perfektes Wetter mit frischer Brise, strahlender Sonnenschein und gewaltige Wolkenformationen im Wechsel.
Nun heißt es aber wieder aufladen, wir winken noch einmal den Schiffen auf dem Rhein zu. Ob Monami wohl gerne geschwommen wäre?
Mein Tag 6/7 Monheim, Pfingstsamstag/Sonntag letzter Aufruf zur Mitmachaktion (Tag 8/9 der Aktionswoche „Bitte berühren!“)
Pfingstsamstag hat mal wieder kaltes Wetter, puh, der Crew-Hoody ist mir schon sehr ans Herz gewachsen, ich mag ihn sehr. Am Sonntag wird es wärmer, draußen sitzen mit Künstlern (Der Brandstifter, Nikola Dicke (Lichtkünstlerin), Thomas Kuhn und Freundin sowie Claudia Jericho).
Letzte Mitmachkunstwerke werden abgeliefert, dabei erkenne ich deutlich, dass in jedem Menschen Kreativität steckt. Die Aktion „Bitte berühren“ hat Blumen, Luftballons, Elefanten, einen Kreuzstempel für die evangelische Kirche der Stadt Monheim, viele abstrakte Figuren als Bilder und Zeichnungen entstehen lassen. Die regionale Verortung in der Kunstschule, in der alle Kunstwerke noch einmal zu sehen sein werden, rundet das Konzept ab.
Mein Resümee:
„Bitte berühren!“
Bewegen – Berühren – Befreien
Es steckt so viel Power in dieser Idee, da sie im öffentlichen Raum Menschen aus allen Bevölkerungsschichten erreichen und zu Gesprächen und zur kreativen Auseinandersetzung mit einem Thema anregen kann.
Die Woche Monheim hat mir die Kraft, die in Partizipativer Kunst steckt, noch einmal sehr verdeutlicht. Danke Manfred!
Kunstfreundin Angela Behler
Angela Behler ist Business Mentorin in Düsseldorf
Presseeinladung Monheim
Entstehungsgeschichte der Bewegungsskulptur Monami für die partizipative Kunst-Aktion "Bitte berühren!"